
Die Wildnis bewahren.
Das Artensterben aufzuhalten ist ein Marathon, der mit einem Sprint beginnt.
Zahllose Arten stehen am Rand der Ausrottung. Ihre Genome haben Millionen Jahre Evolution überlebt. Wir dürfen sie nicht für immer verlieren.

Artenvielfalt ist unsere Lebensader
Wir verlieren derzeit Artenvielfalt auf drei Ebenen: Genpools verlieren Genvarianten, Populationen verlieren Variabilität, und Ökosysteme verlieren Arten. Diese Verarmung führt zu einem kumulativen Verlust von Ökosystemfunktionen und -dienstleistungen.
Im Laufe der Jahrmillionen bildete das Leben auf der Erde ein dichtes Netz von Lebensformen, die in interagierenden Ökosystemen miteinander vernetzt sind. Die Variabilität auf drei Ebenen (Gene, Populationen und Ökosysteme) macht die biologische Vielfalt aus. Obwohl wir weit davon entfernt sind, ihre Komplexität vollständig zu verstehen, ist eines klar: Eine Verringerung der biologischen Vielfalt auf der Ebene der Gene, der Populationen oder der Ökosysteme führt zu einem kumulativen Funktionsverlust und schließlich zum Zusammenbruch der betroffenen Ökosysteme. So sank beispielsweise die Zahl der Spitzmaulnashörner durch Bejagung in nur 25 Jahren um rund 96 % (von 70.000 im Jahr 1970 auf nur 2.410 im Jahr 1995). Ein solcher Zusammenbruch verringert die genetische Variabilität und die Variabilität zwischen verschiedenen Populationen dieser Art erheblich. Darüber hinaus verändert und schädigt der nahezu vollständige Verlust ihrer ökologischen Funktion das zuvor bestehende Ökosystem, an das sich diese Art - und die mit ihr interagierenden Arten - über viele Jahrtausende angepasst hatte. Dieser Zerstörungsprozess ist selbstmörderisch, wenn er unkontrolliert bleibt oder zu weit getrieben wird (d. h. wenn er eine grosse Anzahl von Arten betrifft). Denn wir sind in hohem Masse auf Ökosystemleistungen angewiesen, die von lebenden Organismen erbracht werden oder von ihnen abhängen. Dazu gehören regulierende Leistungen wie die Reinigung von Wasser und Luft, Kohlenstoffbindung und Klimaregulierung, Abfallzersetzung und Entgiftung, Kontrolle von Arten durch Raubtiere, Bestäubung und Hochwasserschutz. Zu den Ökosystemleistungen gehören auch Versorgungsleistungen wie Nahrungsmittel, Nutzpflanzen, organische Rohstoffe (Bauholz, Brennholz, Futtermittel, Dünger), genetische Ressourcen, medizinische Ressourcen und Energie (Wasserkraft, Biokraftstoffe).

Nicht nur Niedliche!
Der Bedarf für den Schutz bedrohter Arten und ihrer Lebensräume ist immens.
Doch sind die üblichen Ziele die richtigen?
"Flaggschiffarten" helfen, Mittel für den Schutz wichtiger Lebensräume zu beschaffen. Sie ermöglichen es uns, eine emotionale Verbindung herzustellen. Wie kann man sich dann für den Schutz wichtiger Lebewesen einsetzen, die nicht besonders niedlich aussehen, wie z. B. viele Pflanzen und Gliederfüsser? Wir bei 1wild sind überzeugt, dass bei den Prioritäten für den Schutz sowohl die evolutionäre Besonderheit als auch der Grad der globalen Gefährdung berücksichtigt werden sollten. Auch ökologisch kritische Arten (Schlüsselarten) und besonders artenreiche Ökosysteme sollten vorrangig erhalten werden. Diese Grundsätze leiten uns bei der Auswahl der zu unterstützenden Projekte. Wir dürfen uns nicht nur von den niedlichen und hübschen Arten bezaubern lassen. Erwarten Sie also einige unwahrscheinliche Flaggschiffarten. Auch sie sind von unschätzbarem Wert.

Jungtier des Sibirischen Tigers (Panthera tigris tigris). Stark gefährdet.

Karibische Hirschhorn-Riffkoralle (Acropora cervicornis). Kritisch bedroht.

Siamesisches Palisanderholz (Dalbergia cochinchinensis). Südostasien. Kritisch bedroht.

Jungtier des Sibirischen Tigers (Panthera tigris tigris). Stark gefährdet.


Nur ein winziger Bruchteil der Arten auf der Erde sind solche, in die sich Menschen leicht einfühlen können - Säugetiere, Vögel und möglicherweise einige andere Wirbeltiere. 95% der Arten erscheinen uns in keiner Weise niedlich. Aber sie sind entscheidend für das Funktionieren der Biosphäre.
Artenschutz ist komplex
Wirksamer Schutz bedrohter Arten innerhalb ihrer Lebensräume erfordert situative Schutzmassnahmen für die fraglichen Gebiete. Sie müssen auch die dortige Bevölkerung einbeziehen.

Unser Ziel ist die Bewahrung bedrohter Arten in ihren jeweiligen Lebensräumen. Das ist komplexer, als es tönen mag. Es erfordert nicht nur den Schutz der restlichen Populationen gefährdeter Tier-, Pflanzen- und Pilzarten sowie von deren Lebensräumen. Zusätzlich bedarf es oft der Förderung solcher Arten durch geeignete Massnahmen, etwa die Renaturierung verarmter Habitate, die Verbindung von Resthabitaten durch Wildtierkorridore, die Bereitstellung von Nistplätzen sowie den Schutz des Nachwuchses vor Fressfeinden. Dafür braucht es situativ angepasstes Schutzgebiets-Management. Die fraglichen Massnahmen beziehen üblicherweise die Lokalbevölkerung ein, tragen ihren Bedürfnissen in angemessener Weise Rechnung und versuchen Zielkonflikte aufzulösen. So lernten beispielsweise Dorfbewohner, deren Ernten von Elefanten überfallen werden, von Rachetötungen abzusehen und stattdessen ihre Ernten mit Bienenstöcken zu umgeben. Diese schützen die Felder der Kleinbauern effektiver vor Elefanten, und der Honig sorgt für zusätzliche Einnahmen. Als Leitlinie und Instrument für die Gestaltung solcher Massnahmen kann die Grüne Liste geschützter und zu bewahrender Gebiete der IUCN (IUCN Green List of Protected and Conserved Areas) dienen.